Rechte und Wissenswertes
Wer ein Kind in sich getragen hat, ist Mutter. Auch als Vater haben Sie sich mit Ihrer Rolle gedanklich vertraut gemacht, steckten bereits mittendrin oder tasteten sich an das neue Abenteuer heran. Ob das Kind nun lebt oder nicht, es ändert nichts am Grundgefühl, dass Sie sich auf das Elternsein vorbereitet haben.
Leider widerspiegelt sich dies in der Gesetzesgebung noch nicht vollständig. Eine Mutter, die ihr Kind zu früh gebären musste, hat nicht die gleichen Rechte wie eine Mutter, die das Kind länger tragen konnte. Auch Vater zu sein, bedeutet in der Schweiz leider noch immer, wenig Rechte zu haben – vor allem, wenn das Kind stirbt.
Wissenswertes für die Mutter:
Wenn die Schwangerschaft mindestens 23 Wochen gedauert hat, hat die Mutter in der Regel Anspruch auf Mutterschutz-Leistungen (= Lohnfortzahlung, Arbeitsfreie Zeit; Art. 16c EOG, Art. 23 EOV, Art. 329f Abs. 1 OR).
Bei einem Spitalaufenthalt des Neugeborenen unmittelbar nach der Geburt ununterbrochen während mindestens zwei Wochen verlängert sich der Mutterschaftsurlaub um die Dauer der Hospitalisierung (höchstens aber um 56 Tage). Die Mutter muss nachweisen, dass sie im Zeitpunkt der Niederkunft bereits beschlossen hatte, nach Ende des Mutterschaftsurlaubs wieder eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen (Art. 16c Abs. 3 EOG, Art. 329f Abs. 2 OR). Beispielsweise ergibt 4 Wochen Spitalaufenthalt des Babys einen Mutterschaftsurlaub von 18 Wochen gerechnet ab der Geburt. (Diese gesetzliche Regelung ist seit dem 1. Juli 2021 in Kraft.)
Ist das Gestationsalter von 23 Wochen noch nicht erreicht, benötigt es eine Krankschreibung, da die Mutterschutz-Leistungen rechtlich gesehen nicht gewährleistet sind. Suchen Sie so bald wie möglich und nötig das Gespräch mit Ihrer Gynäkologin oder Hausärztin.
Die Krankenkasse übernimmt in der Regel die notwendige Wochenbettbetreuung zu Hause (ab der 12. SSW) bis hin zu 56 Tage nach der Geburt.
Achtung! Kosten von Betreuung im Ausland werden ohne vorgängige Kostengutsprache bei Ihrer Krankenkasse meistens nicht übernommen!
Wissenswertes für den Vater:
Seit dem 1. Januar 2021 ist in der Schweiz der Vaterschaftsurlaub gesetzlich geregelt: Väter haben Anspruch auf 14 Tage Vaterschaftsurlaub, der innerhalb von sechs Monaten ab Geburt des
Kindes entweder tageweise oder am Stück bezogen werden kann (Art. 329g OR; Art. 16i–k EOG). Leider entsteht dieser Anspruch nur, wenn das Kind lebensfähig geboren ist, und der Anspruch endet, wenn das lebendgeborene Kind stirbt (Art. 16j Abs. 3 Bst. d EOG; Art. 23 EOV).Der Arbeitgeber muss seinem Arbeitnehmer die «üblichen freien Stunden und Tage» für familiäre Ereignisse gewähren (Art. 329 Abs. 3 OR) Dazu gehört die Geburt und der Tod des eigenen Kindes. Diese Zeit beträgt in der Regel für die Geburt 1–2 Arbeitstage und für den Todesfall 2–3 Tage, allenfalls genau geregelt in Ihrem Arbeitsvertrag.
Versuchen Sie die Freitage nach der Geburt und die Freitage im Todesfall zu erhalten.
Wir empfehlen Ihnen, eine Krankschreibung durch Ihren Vertrauensarzt einzufordern, um mehr Zeit zu erhalten.
Wenn Sie lieber rasch zurück in die Arbeitswelt wollen, sprechen Sie mit Ihrer Partnerin über die Dauer der Absenz bei der Arbeit. Beziehen Sie Ihre Partnerin in die Entscheidung mit ein. Gerade wenn bereits Kinder da sind, ist dies wichtig.
Rechte Ihres verstorbenen Kindes:
Ihr Kind ist über 500g oder hat es das Gestationsalter von 22 Wochen vollendet:
Ihr Kind ist meldepflichtig.
Ihr Kind darf mit einem Vor- und Ihrem Nachnamen erfasst werden.
Ihr Kind wird auch im elektronischen Personenstandsregister und im Familienausweis durch das Zivilstandesamt registriert.
Ihr Kind kann bestattet werden. Mehr erfahren.
Ihr Kind darf, wenn gewünscht, getauft werden.
Ihr Kind liegt unter dem Gestationsalter von 22 Wochen:
Auf Wunsch kann beim Zivilstandsamt ohne persönliche Vorladung und in einem vereinfachten Verfahren eine Bestätigung eingefordert werden.
Ihr Kind kann je nach Gemeinde normal oder mit eingeschränkten Möglichkeiten bestattet werden (z. B. wird im Kanton Zürich auf Wunsch allen verstorbenen Kindern ein Reihengrab gestellt). Das Vorgehen ist von der jeweiligen Gemeinde abhängig. Das Bestattungsinstitut Ihrer Gemeinde wird Ihnen genauere Auskunft geben. Viele Gemeinden haben Gemeinschaftsgräber oder Ähnliches für die ganz Kleinen geschaffen.
Eine Kremation (o.ä.) ist immer möglich und somit steht einer individuell gestalteten Bestattung auch ausserhalb eines Friedhofes nichts im Wege.
Ihr Kind darf, wenn gewünscht, getauft werden.
Unsere Empfehlung:
Gehen Sie offen in das Gespräch mit Ihren Vorgesetzten. Geben Sie dem Schock, der Trauer ein Gesicht für Ihre Vorgesetzten. Teilen Sie mit, dass Sie Zeit brauchen, um das Geschehene zu verarbeiten (siehe Berufseinstieg).
Wenn Ihnen kein/e SozialarbeiterIn gestellt wurde, können Sie jederzeit jemanden beantragen, der Sie in rechtlichen Fragen (z. B. zu diversen Finanzierungen) unterstützt.
Das Bestattungsamt Ihrer Gemeinde wird Ihnen gerne bei Unklarheiten zur Seite stehen, denken Sie nicht, «es geht nicht». Die Bestattungsämter sind bestrebt, dass Wünsche erfüllt werden können.
Die Fachstelle kindsverlust.ch hat eine ausführlichere Broschüre zu rechtlichen Fragen beim frühen Tod eines Kindes zusammengestellt. Sie kann hier als pdf heruntergeladen werden.